Zukunft für die Treidelbrücke? Ist das technische Denkmal zu retten
Mit Schreiben vom 14. März 2016 erhielt die Stadt Fürstenwalde Post vom WSV, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Darin wird die Stadt ultimativ aufgefordert, entweder kurzfristig die Treidelbrücke und damit vor allem alle anfallenden Kosten für die Sanierung zu übernehmen oder einem Abriss zuzustimmen. „Sollte ich bis zum 15.04.2016 von Ihnen keine Antwort vorzuliegen haben, gehe ich davon aus, dass die Stadt Fürstenwalde kein Interesse an der Übernahme der Treidelbrücke hat und dem ersatzlosen Rückbau der Treidelwegbrücke uneingeschränkt zustimmt.“, so das Schreiben der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt – Außenstelle Ost.
„Dem wird die Stadt Fürstenwalde keinesfalls zustimmen“, positioniert sich Bürgermeister Hans-Ulrich Hengst. Denn der WSV sei Eigentümer und müsse in dieser Funktion auch handeln und das Eigentum sichern. Immerhin sei die Treidelbrücke im Jahr 2007 offiziell als Zeugnis der Industriegeschichte unter Denkmalschutz gestellt worden.
Auch unter den Abgeordneten der Stadtverordnetenversammlung und Bürgern machte sich Sorge um die Treidelbrücke breit. So lud der Ausschuss für Stadtentwicklung am 22. März Experten ein, die aus ihrer Sicht über Zustand, Denkmalwert und Perspektiven der europaweit einmaligen Brücke berichteten.
Michael Scholz, Amtsleiter des WSA Berlin, berichtete, dass die Brücke aus Sicht des Wasser- und Schifffahrtsamtes für den Betrieb entbehrlich sei und darüber hinaus baulich in einem schlechten Zustand. Er machte deutlich, dass das WSA - entgegen einiger Gerüchte - natürlich keinen sofortigen Abriss plane, im Gegenteil. Mit einigen überschaubaren Pflegemaßnahmen sei auch wieder eine Unterfahrung für den Schiffsverkehr möglich. "Es würde mir auch leid tun, wenn die Brücke verschwinden würde", so Scholz.
Dr. Matthias Baxmann vom Landesamt für Denkmalpflege erläuterte vor den Abgeordneten und zahlreichen interessierten Bürgerinnen und Bürgern den besonderen Denkmalwert, den seine Behörde bereits 2007 festgestellt habe. "Sie haben mit der Treidelwegbrücke ein technisches Kulturgut von einzigartigem Rang in der Region, in Brandenburg, Deutschland-, wenn nicht gar Europaweit", so der Denkmalexperte Baxmann. Der Denkmalwert ergebe sich aus der besonderen Konstruktion, den städtebaulichen Bedeutung sowie der besonderen Ästhetik der Brücke. Als Ursache für den jetzigen bedauernwerten Zustand machte Baxmann den "unterlassenen Bauunterhalt des WSA seit Jahrzehnten" aus und sparte auch nicht mit Kritik an der Unteren Denkmalschutzbehörde im Landkreis Oder-Spree, die seit Jahren des Erhalt des Denkmals nachdrücklich hätte anmahnen müssen.
Florin Wilke, Fürstenwalder Historiker, widmete sich der Bedeutung der Brücke zur Zeit ihrer Entstehung und verwies auf die Rolle, die die Stadt ihr bei der Bewerbung zur Landesgartenschau bereits vor fast 15 Jahren zugemessen hatte. Gerade das Thema des diesjährigen Tags des offenen Denkmals "Gemeinsam Denkmale erhalten" sei geeignet, die Treidelbrücke in den Fokus zu nehmen, so Wilke.
Fachbereichsleiter Stadtenwicklung Christfried Tschepe verwies darauf, dass die Stadt ein großes Interesse habe, die Brücke in ein Konzept zur Gestaltung des Spreeufers einzubinden und sich deshalb intensiv für ihre Zugänglichkeit einsetze. Genau dies gestalte sich schwierig wegen der Eigentumsverhältnisse in den Uferbereichen.
Der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses fasste die Ergebnisse so zusammen: "Ein Konsenz zum Erhalt der Brücke scheint greifbar, jetzt geht es darum, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten", so Stephan Wende. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe sollte neben dem WSA, der Stadt Fürstenwalde und dem Landesdenkmalamt vor allem auch die Untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Oder-Spree vertreten sein. Außerdem sollte man auf das Angebot der BTU Cottbus zur eingehenden Untersuchung des jetztigen Zustandes der Brücke zurückkommen. Das Sonderdenkmalprogramm des Bundes könne möglicherweise für den Erhalt der Brücke angezapft werden. Die Stadt Fürstenwalde will mit der Aufstellung eines Grünordnungsplan am Spreeufer Planungsrecht für die Zugänglichkeit der Brücke schaffen.
Sichtlich erleichtert wurden vorbereitete Unterschriftenlisten für Erhalt, Sanierung und Zugänglichkeit der Treidelbrücke wieder eingepackt.
Zu Geschichte und Bedeutung
Die Treidelbrücke überspannt die Spree im ehemaligen Hafen von Fürstenwalde in einer Länge von 120 Metern. Die schlanke und elegante Brücke wurde in den Jahren 1903/04 als Überführung des Treidelwegs zum Holzhafen errichtet und ist ein „signifikantes Zeugnis der sich Anfang des 20. Jahrhunderts dem Ende zuneigenden Treidelschifffahrt“, so die Einschätzung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege im Jahr 2007. Als Treideln bezeichnet man das Schiffe Ziehen durch Tiere, Menschen oder auch Lokomotiven, um die Schiffe - meistens in und aus den Schleusen - stromaufwärts zu bugsieren.
Bild zur Meldung: Ansicht der Treidelbrücke von der Spree aus