Stadt fördert Biodiversität, aber nicht überall
"Wann wird endlich der Seitenbereich vor meinem Grundstück gemäht?", werden die Mitarbeiter der Stadt in den letzten Wochen oft von Bürgern gefragt, mit dem Hinweis, dass die Stadt ungepflegt aussehen würde. Auch die Stadt Fürstenwalde will ihren Beitrag leisten, um dem Insektensterben entgegen zu wirken und unserer Verantwortung im Rahmen der Biodiversität in den öffentlichen Grünanlagen nachzukommen.
Dazu haben wir in den letzten Jahren bereits in fast allen größeren Park- und Grünanlagen flächige Blumenzwiebelwiesen angelegt. Wer hier mit offenen Augen durch Fürstenwalde geht, wird sehen, dass z.B. im Park der Jahreszeiten, auf dem Goetheplatz oder auch im Spreeuferpark Frühjahrsblüherwiesen entstanden sind. Weitere solcher Blumenzwiebelwiesen sollen u.a. in diesem Jahr noch im Martinigarten entstehen. Bei Neupflanzungen wird darauf geachtet, dass größtenteils insektenfreundliche Gehölze verwendet werden, also Sträucher mit ungefüllten Blüten. Sicher werden nach wie vor u.a. auch Forsythien gerne gepflanzt, die ja bekanntlich nicht als Nahrungsquelle für Insekten taugen. Diese schönen Blütengehölze, die als eine der ersten im Frühjahr blühen, sind aber Balsam für die Seele und für die Frühlingssehnsucht der Menschen nach dem Winter. Daher gehören Forsythien einfach mit ins Stadtbild.
Auch bei der Rasenmahd versuchen wir inzwischen auf Flächen, wo dies aus verkehrssicherheitsrelevanten und ästhetischen Gründen möglich ist, weniger und nur zu bestimmten Zeiten zu mähen, um hier Wildblumen und -kräuter und damit auch mehr Insekten Lebensraum zu geben. Hier probieren wir derzeit viel aus, um zu sehen, welches Artenpotenzial welche Flächen aufweisen und wie die Akzeptanz durch die Bürger aussieht. Die Akzeptanz reicht dabei von unzufriedenen Bürgern, die sich über die mangelnde Rasenmahd beschweren, bis zu Bürgern, die sich wiederum darüber beschweren, dass bestimmte Flächen gemäht worden sind, da dort eventuell gerade Wildblumen geblüht haben. Viele Flächen haben bereits eine gute Grundlage an Wildblumensamen, die sich entsprechend entwickeln kann. Solche Flächen versuchen wir zu fördern. Hier ist u.a. die Bullenwiese im Spreeuferpark zu nennen, die die Stadt ja bereits seit vielen Jahren nur wenige Male zu den entsprechenden Stadtfesten mähen lässt. Hier konnte sich eine sehr artenreiche und wunderschöne Blumenwiese entwickeln. Andere Flächen, wie z.B. der Stern oder Ottomar-Geschke-Platz werden aber sicherlich weiterhin regelmäßig gemäht, da hier in erster Linie das Gestaltungsbild der Grünanlagen optisch hervorgehoben werden soll. Ebenso ist die regelmäßige Mahd auf Grünstreifen entlang von Straßen erforderlich, um die ungehinderte Sicht und Sichtbarkeit und damit allgemeine Verkehrssicherheit nicht zu gefährden. Das bedeutet nicht, dass die Streifen alle 14 Tage gemäht werden. Der Pflegerhythmus variiert hier von 3x bis 7x jährlich, je nachdem ob es sich um Hauptverkehrsstraßen oder eher um Anliegerstraßen handelt. Bei einer 3x jährlichen Mahd bleibt also noch genügend Zeit, dass sich hier Wildkräuter ansiedeln und blühen können und Insekten Nahrung finden. In den Anliegerstraßen wird der Rasen mehrheitlich auch von den Anliegern gemäht und gepflegt, worüber sich die Stadt auch sehr freut, da ihr hier viel Arbeit abgenommen wird.
Bisher hat sich die Stadt aus Kostengründen davor gescheut, artenreiche Wildkräuterwiesen neu anzulegen. Dies ist aus Sicht der Fachabteilung auch gar nicht notwendig. Die meisten Wiesenflächen im Stadtgebiet haben bereits ein gutes Potential an Wildkräuterarten. Man muss diesen nur Zeit geben, sich zu entwickeln und Samen zu bilden. Außerdem sind die angebotenen Wildblumenwiesensaaten oftmals auch nur ein- oder zweijährig. Das bedeutet, dass diese Aussaaten regelmäßig jedes Jahr bzw. alle 2-3 Jahre erneuert und neu angelegt werden müssten. Erforderliche Arbeiten dazu wären der Abtrag der vorhandenen Rasennarbe, eine Abmagerung des vorhandenen Bodens sowie der Einkauf von teuren Wildblumensamenmischungen. Eine enorme Aufwendung!
Noch zum Thema Bewässerung von Rasenflächen: Die Stadt bewässert ihre Rasen- und Wiesenflächen nicht! Einerseits haben wir mehr als genug damit zu kämpfen, unsere Baumpflanzungen und Strauchflächen in den trockenen Sommerzeiten zu bewässern und damit zu erhalten. Die bewässerungsintensiven Zeiten haben sich in den letzten Jahren massiv verlängert: nach vorne ins zeitige Frühjahr aber auch nach hinten bis in den Herbst gezogen, da immer öfter die Niederschläge ausbleiben. Auf der anderen Seite sollte man beim Bewässern seiner Privatgärten und im öffentlichen Grün auch die immer mehr abfallenden Grundwasserstände beachten und einen umweltschonenden Umgang mit der Ressource Wasser pflegen. Denn auch das ist Umweltschutz! Rasenflächen erholen sich ziemlich gut von Trockenphasen und grünen schnell wieder durch. Außerdem fördert Trockenheit u.a. auch das Ausbreiten von trockenheitsliebenden Wiesenblumen und -kräutern. Ausgenommen davon ist der Stern, den wir eigentlich in diesem Jahr wieder mit bewässern wollten. Aufgrund der sehr heißen Wochen in diesem Sommer ist uns der Rasen aber nicht nur einfach vertrocknet, sondern regelrecht verbrannt.
Noch etwas: Die Stadt ist darüber hinaus sparsam beim Umgang mit mineralischen Düngemitteln. Wir verwenden überwiegend Hornspäne und u.a. auch biologische Pflanzenstärkungsmittel. Herbizide und Insektizide kommen gar nicht zur Anwendung. Ausnahme ist hier die minimale Anwendung von Mitteln gegen den Eichensplintkäfer an einigen neu gepflanzten Eichen in der Stadt. Dieses wird auf den Stamm aufgepinselt. Auch bei der Wegepflege werden keine Herbizide gegen das Unkraut eingesetzt. Es wird alles manuell beseitigt.
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